In linken Kreisen hat das Gender-Sternchen („*“) schon oft seinen festen Platz ergattert. Doch noch nicht überall hat es Einzug in die Sprache oder den Alltag der Menschen gefunden. Oft wird das damit begründet, dass es unnatürlich sei und eigenartig klinge, in Sprache oder Texten zu gendern. Der Fokus würde sich auf die Form verlegen und damit vom Inhalt ablenken. Nach diesen Argumenten klingt es so, als führe Gendern zu einer Lebens- und Genusseinschränkung, einer Einschränkung, die den Lesefluss störe. Ich möchte dazu anregen, kreativ zu werden und (sehr verkürzt) beschreiben, weshalb es für mich bedeutsam ist, zu gendern und meine Favoriten der konkreten Umsetzung nennen.
Es gibt in unserer Gesellschaft Menschen, die sprachlich unsichtbar gemacht werden, oder die, wenn über Sie gesprochen wird, pathologisiert und abgewertet werden. Inter* und trans* sind besonders davon betroffen, wie auch Menschen, die sich keinem Geschlecht zuordnen wollen. Englische Studien haben gezeigt, dass wir, wenn wir eine rein männliche Schreibweise lesen, uns automatisch Männer vorstellen, obwohl die genannte Person auch ein anderes Geschlecht haben könnte. Das Sternchen „*“ lässt Raum und Platz für Phantasie; es steht für Vielfalt und versucht, die Dichotomie der Geschlechter aufzubrechen, um Sprache zu entgeschlechtlichen. Das gender gap „_“ macht verschiedene Geschlechter sichtbar. Das Binnen-I berücksicht die weibliche Schreibweise. Ich wünsche mir eine Sprache, in der verschiedene Geschlechter Platz haben und durch die versucht wird, zu entgeschlechtlichen; deshalb bevorzuge ich das Sternchen. Beim Sprechen kann die lautliche Veränderung durch einen Glottisschlag hörbar gemacht werden (Einschaltknack).
Nun noch ein paar praktische Vorschläge zum Gendern:
• Lexemunterscheidung: „Hebamme oder Entbindungspfleger*in“
• Lexemersetzung: „Krankenschwester“ wird zu „Krankenpfleger*in“
• Neutralisierung: Jeder Hinweis auf das Geschlecht wird entfernt
• Substantivierte Partizipien I: „Studenten“ werden zu „Studierenden“
• Substantivierte Partizipien II: „Parlamentarier“ werden zu „Abgeordneten“
• Partizium Perfekt: „Herausgeber“ wird zu „herausgegeben durch“
• Funktionsbezeichnung: „Geschäftsführer“ wird zu „Geschäftsführung“
• Abstraktion: „Kollegen“ wird zu „Kollegium“
• Synonym: „Mannschaft“ wird zu „Team“, „Mädchenname“ wird zu „Geburtsname“
• Adjektive: „Zugang für Rollstuhlfahrer“ wird zu „rollstuhlgerechter Zugang“
• Attributierte geschlechtsneutrale Begriffe: „der Betroffene“ wird zu „die betroffene Person“
• Beschreibung: „Fußgängerweg“ wird zu „Gehweg“
• Passivform: „Der Arbeitnehmer erhält die Kinderzulage mit dem Lohn.“ wird zu „Die Kinderzulage wird mit dem Lohn ausgerichtet.“
• Kurzwort: „Student“ wird zu „Studi“
Ich bin ein*e große Freund*in der Neutralisierungen, da diese geschlechtliche Markierungen in der Sprache zu vermeiden versuchen, wodurch der Kategorie Geschlecht zumindest auf sprachlicher Ebene die machtvolle Präsenz genommen werden kann, auch von einer Störung des Leseflusses kann hier keine Rede mehr sein.
Zum Schluss ein persönliches Herzensthema:
Ich denke nicht, dass es ein guter Weg ist, Andere von einer geschlechtergerechten Sprache zu überzeugen, indem diese ständig „korrigiert“, oder aufgrund ihrer Ausdrucksweise abgewertet werden.
Menschen, die gendern, dürften oft selbst die Erfahrung gemacht haben, wie es sich anfühlt, aufgrund der eigenen Ausdrucksweise belächelt zu werden oder starken Anfeindungen ausgesetzt zu sein.
Ich habe erlebt, dass sowohl Menschen, die gendern, als auch Menschen, die nicht gendern sich manchmal mit Unverständnis bis hin zu Aggressivität begegnen. Das finde ich sehr schade. Mehr Verständnis und Offenheit von beiden Seiten ist mein Traum.
– Vanessa –